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Blogtour-Start "Herzenstanz in Reykjavik"

Heute startet die Blogtour zu "Herzenstanz in Reykjavík". Ich bin schon mächtig gespannt, was "meine" Bloggerinnen da aus dem Hut zaubern, und mache auch gleich selbst mit, obwohl ich keine Bloggerin bin. ;-) Dafür habe ich einen ganz kleinen Ausschnitt aus Leandras Leben zu bieten, nachdem das Island-Abenteuer für sie zu Ende geht. <3

 

Leandras erste Tanzstunde

Ich rieb meine Hände zum wahrscheinlich dreissigsten Mal, als ich auf das Ziffernblatt an der Wand starrte. 19:48 Uhr. Seit meinem letzten Blick war noch keine einzige Minute vergangen.

Zugegebenermassen, ich hatte ihn auch nur für eine Sekunde abgewendet, um die offene Tür anzustarren. Seit gefühlten Stunden hörte ich die leisen, aufgeregten Stimmen meiner zukünftigen Tanzschüler aus dem Gang, doch bisher hatte noch niemand gewagt, einzutreten.

Was, wenn es ihnen zu schnell vorwärts ging? Oder – noch schlimmer – wenn sie sich langweilten? Wenn sie mich nicht mochten?

Ich atmete tief ein, um mich zu beruhigen, doch dabei zitterte der Brustkorb so stark, dass es mich noch nervöser machte. Obwohl ich während meiner Zeit in Island schon einige Tanzstunden geleitet hatte, war das hier spezieller.

Ich hatte mir einen eigenen Tanzraum zusammen mit einer Freundin gemietet.

Ich unterhielt nun eine Internetseite über mein Tun. Dort gab es ein Anmeldeformular – natürlich DSGVO-konform.

Jetzt, in diesem Moment wartete ich auf die Tanzschüler. Meine Tanzschüler.

Ich erfüllte mir meinen Traum.

 

 

Ein schwaches Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Tanzlehrerin zu sein und Frauen und Männern zum Strahlen zu bringen, das war mein Lebenstraum. Die letzten Jahre waren hart gewesen mit Arbeit und der Ausbildung, aber ich hatte es geschafft. Ich durfte mich nun offiziell Tanzlehrerin nennen.

Mit neuem Schwung drehte ich mich zur Tür um, in der ein älterer Herr erschien. Seine Lippen deuteten ein ebenso unsicheres Lächeln an wie meine, als ich damals meine erste Lindy-Hop-Tanzstunde besucht hatte.

Ich streckte die Hand aus, als ich mich ihm näherte. „Lea, freut mich. Ich bin die Tanzlehrerin.“ Dabei strahlte ich, mein Herz sang. Tanzlehrerin. Es hörte sich noch immer so unwirklich an, wie im Traum.

„Hans“, antwortete er mit einem Blick zurück. Eine Frau mit weissen Dauerwellen und einem rosa Kostüm drückte ihn weiter in den offenen Raum.

Sie sah mich mit funkelnden Augen an. „Marie. Es freut mich, dich kennenzulernen.“ Über die Schultern hinweg deutete sie mit dem Daumen auf ihren Begleiter. „Dieser alte Schlawiner versprach mir bei unserer ersten Verabredung schon, dass er mich einmal zum Tanzen ausführen wird. Nach fast vierzig Ehejahren fand ich, dass es langsam an der Zeit ist.“

Ich lachte laut auf und stellte mir die beiden bei ihrem ersten Date vor, wie sie Händchen haltend an einem Flussufer entlangspazierten und hofften, nicht ertappt zu werden. „Dort an der Bar gibt es einen Krug mit Wasser und erfrischend kalten Pfefferminztee. Bedient euch einfach, während wir noch auf die Anderen warten.“ Ich wollte nichts trinken, ich wollte nicht alle paar Minuten zur Toilette rennen. Den Drang verspürte ich jetzt schon.

Für den ersten Kurs hatten sich nur sechs Paare angemeldet, doch darüber war ich nicht unglücklich. Ich lächelte in mich hinein. Gleich sechs Paare, zwölf Menschen, denen ich den Zauber des Tanzens beibringen konnte.

Erst im allerletzten Moment konnte ich mich davon abhalten, mich vor Freude um die eigene Achse zu drehen.

 

 

Im Hintergrund lief die geträllerte Version von Sweet Georgia Brown, meinem Lieblingsstück. Seit Jahren tanzte ich dazu und ich konnte noch immer nicht genug davon bekommen. Jetzt liess ich es erklingen, damit es mich beruhigte.

Ich holte tief Luft, während sich zwölf Augenpaare auf mich richteten. Meine Hände kneteten einander schon wieder, doch ich brachte die Kraft nicht mehr auf, sie voneinander zu trennen.

Verfluchter Mist! So hibbelig kannte ich mich gar nicht.

„Es freut mich sehr, dass ihr alle hier seid. Dies ist meine erste, offizielle Tanzstunde, also nehmt es mir nicht übel, wenn ich wirke, als müsste ich anstelle des Papstes seine Rede halten.“ Ach herrje, das wollte ich doch gar nicht ausplaudern! Jetzt würden sie bestimmt abhauen – eine Tanzlehrerin, die ihre erste Stunde abhielt.

Verhaltenes Lachen hallte im Raum nach, während Sweet Georgia Brown munter weiterträllerte. Ich blinzelte verwirrt, schluckte.

Ich suchte nach der Freude in mir, nach der Leidenschaft fürs Tanzen und die Musik. „Lindy Hop ist …“ Ich schüttelte den Kopf, unfähig, die richtigen Worte zu finden. „Es ist nicht einfach zu erklären. Lindy Hop ist pure Freude – Leben. Was ihr in der Musik hört, das könnt ihr tanzen. Es gibt keinen Grundschritt, kein festes Muster. Fühlt euch in das Lied hinein, spürt die Botschaft und tanzt.“

Ich spürte, wie meine Augen strahlten und Marie ein Lächeln aufs Gesicht zauberten. Sie beugte sich zu Hans hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte.

„Es soll Spass machen, ihr sollt dabei lachen.“ Ich spürte, wie meine Mundwinkel sich noch weiter nach oben zeigten. „Also, auch wenn es nicht gleich gelingt, verzweifelt nicht. Hauptsache, ihr fühlt euch wohl und es bereitet euch Freude. Ohne einen festen Grundschritt ist das Lernen schwer. Aber ich gebe mir grösste Mühe, dass wir lachen können und keine trockene Theorie büffeln müssen.“

Der Reihe nach sah ich meine Tanzschüler an. Sie wirkten neugierig und gespannt, jemand wippte gar schon im Takt zur Hintergrundmusik. „Dann lasst uns endlich Spass haben.“

 

 

Erschöpft und erleichtert stapelte ich die Gläser, um sie hinter der Theke ins Abwaschbecken zu stellen. Leise summte ich ein Liedchen vor mich hin und wippte mit den Hüften im Takt.

Sie hatten gelacht und gestrahlt, ich hatte mein Ziel erreicht.

„Lea?“

 Erschrocken fuhr ich herum. Marie stand mitten im Raum. Ich hatte gar nicht gehört, wie sie eingetreten war. Sie lächelte leicht, vielleicht ein wenig wehmütig, aber ihre Augen funkelten wie schon zu Beginn der Stunde. „Es hat sich gelohnt, auf die richtige Tanzlehrerin zu warten. Danke.“

 

Blogtour

Ich hoffe, euch hat der kleine Einblick in Leandras Leben gefallen. ;-) Auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn ihr die kommenden Tage auch noch bei den Bloggerinnen vorbeischaut, es gibt nämlich auch etwas zu gewinnen. <3

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