· 

Verlag oder nicht? - Entscheidung aus dem Bauch

Der Traum vom Verlag

Ein Buch bei einem Verlag unterzubringen, ist wie ein Gütesiegel.

 

Wer bei einem Verlag veröffentlicht, hat "es" geschafft.

 

Verlagsbücher sind immer besser als Bücher aus dem Selbstverlag.

 

Ohne Verlag werde ich kein Buch veröffentlichen.

 

Ein Verlag erhöht die Reichweite und Sichtbarkeit.

 

Solche und ähnliche Aussagen höre und lese ich immer wieder. Einige stimmen oder enthalten wenigstens einen Funken Wahrheit, andere zeugen bloss von der eingeschränkten Sichtweise des Sprechers.

 

Ich nehme mich nicht aus der Gruppe derjenigen heraus, die genau diese Gedanken schon einmal hatten, ganz im Gegenteil. Als ich ernsthaft mit dem Schreiben begonnen habe, suchte ich nach Verlagen und blickte rasch nicht mehr durch. ;-) Irgendwann war das Manuskript fertig und ich wusste, dass ich nicht ein halbes Jahr oder länger auf eine Verlagsantwort warten wollte. Ausserdem hatte ich in der Zwischenzeit vom Self Publishing gehört. Ich sagte mir immer, dass mein Buch auf jeden Fall veröffentlicht wird - auch ohne Verlag.

 

Als Self Publisher

Dass meine ersten Bücher im Selbstverlag erschienen sind, ist also den Gedanken "Kein Verlag wird meine Geschichte in sein Programm aufnehmen", "Es dauert bei einem Verlag sowieso zu lange" und meiner Ungeduld zu verdanken. Das sind ja nicht wirklich überaus fundierte Entscheidungsgrundlagen. Ausserdem ist die Veröffentlichung über einen Verlag mit weniger Risiken verbunden - falls das Manuskript angenommen wird.

 

Ich trage die Kosten für das Cover.

Ich zahle Lektorat und Korrektorat.

Ich vermarkte die Geschichte selbst.

 

Aber dafür kann ich innerhalb weniger Monate eine Geschichte veröffentlichen - am schnellsten war ich bisher mit "Herzenstanz in Reykjavík", am meisten Zeit werde ich für den Auftakt zur Schattenwanderer-Trilogie brauchen - im Juli 2017 habe ich mit der Version begonnen, die jetzt in der letzten Überarbeitungsphase steckt.

 

Erfahrungen mit Verlagen

Eins vorneweg: Ich habe noch keine Geschichte bei einem Verlag veröffentlicht, schliesse das aber auch nicht kategorisch aus. ;-)

 

Ende letzten Jahres steckte ich ein wenig in der Zwickmühle: Einerseits liebte ich das Self Publishing, andererseits ahnte ich, dass der Schattenwanderer aufgrund seiner Länge ein Lektorat gut brauchen kann. Da ich nicht nur für mich selbst, sondern auch für eine Familie (finanzielle) Verantwortung trage, kann ich mir ein Lektorat nicht immer leisten. Also wären mit einem Verlag zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Finanzielle Sicherheit "trotz" Lektorat und höhere Sichtbarkeit.

 

Also reichte ich den Auftakt bei mehreren (kleinen) Verlagen ein. Bald kam schon die erste Absage, von einem anderen Verlag die Frage, ob sie das ganze Manuskript durchsehen könnten. Von den anderen Verlagen habe ich nichts gehört. Zwei weitere wurden angefragt. Keine Antwort.

 

Gleichzeitig hofften Bauch und Herz bei jeder Antwort insgeheim auf ein Nein. Dumm und kurzsichtig und töricht. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass der Schattenwanderer ankommen wird - er wird eine schlechtere Bewertung haben als die anderen, davon bin ich fast schon überzeugt-, aber das ändert nichts daran, dass die Geschichte gut ist, so wie sie geschrieben ist. Ich kann dahinter stehen, ich LIEBE sie.

 

Nur mein Kopf sagte weiterhin, dass ein professionelles Lektorat und die Sichtbarkeit unentbehrlich sind für mich.

 

Ein Angebot

Eine Mail trudelte irgendwann ein. "Toller Schreibstil" und "schöne Idee" standen da geschrieben - was habe ich mich gefreut! Ein paar Fragen seitens Verlag. Voller Freude (und Stolz, was denn sonst) antwortete ich.

 

Wieder einige Wochen Wartezeit. Dann kamen ein paar Kritikpunkte, die ich zwar nachvollziehen kann, aber ich weiss, dass sie nicht zur Geschichte passen. Der Schattenwanderer ist keine Romantasy mit "seichten" Gefahren. Die Altersempfehlung wird 16 Jahre, vielleicht gar 18 Jahre sein. Aber das kann ich einem Verlag mit klarer (und inzwischen weiss ich auch, anderer) Zielgruppe ja so nicht antworten.

 

Ich schreibe also zurück, was ich sicher nicht ändern werde, weil den Lesern (und auch mir) genau das an meinem Schreibstil gefällt. Ich antworte auch, worauf ich bei einer Überarbeitung genauer achten würde, um ihnen dann die Leseprobe noch einmal zuzuschicken.

 

Das war am Freitag Morgen.

 

Ich habe den ganzen Freitag gestrahlt, weil ich dachte, dass ich den Schattenwanderer unter diesen Umständen im Selbstverlag veröffentlichen werde. Die Änderungen würden zu gering sein, um zum Verlag zu passen.

 

Am Abend habe ich mich an die Leseprobe gesetzt, um sie zu überarbeiten. Ich genoss das Lesen. Es fiel mir schwer, die Anmerkungen des Verlags nur schon auf diesen 30 Seiten einzubauen. Ich fühlte mich dabei unwohl.

 

Die Entscheidung von Herz und Bauch fiel schon lange, bevor ich die Leseprobe noch einmal ändern sollte. Seit auch mein Kopf das endlich akzeptierte, fühle ich mich frei und losgelöst. Nur ein paar Zweifel bleiben: Was, wenn der Schattenwanderer nicht gut ankommt? Wenn er floppt und ich eine Menge Geld in den Sand setze? Wenn der Schattenwanderer zwar gut ist, aber von niemandem gelesen wird, und beim Verlag wäre er DAS Zugpferd schlechthin geworden?

 

Am Sonntag habe ich eine Mail geschrieben und dem Verlag gesagt, dass ich meinem Herz und Bauch folgen werde. Bauchentscheidungen haben mich bis an diesen Punkt in meinem Leben gebracht. Ich bin glücklich. Wieso sollte ich jetzt also meinem Bauch nicht vertrauen?

 

Nach einem tiefen Atemzug kann ich mir sagen: Ich stehe hinter meiner Geschichte, empfinde sie als gut. Wenn sie jemandem nicht gefällt - Geschmacksache. Kritikpunkte nehme ich mir zu Herzen und versuche, sie beim nächsten Buch umzusetzen, sofern sie gerechtfertigt sind. Wenn ich eine Menge Geld in die Hand nehme und es nichts bringt - na, dann ist das eben so. Ich rechne im Moment nicht damit, dass ich innerhalb kürzester Zeit meine Ausgaben wieder drin habe. Die Frage nach "was wäre wenn ich beim Verlag" ist eigentlich gestrichen - ich habe mich entschieden. Einen direkten Vergleich werde ich sowieso nie haben.

 

Das Veröffentlichen über einen Verlag schliesse ich nicht aus, nur bin ich im Moment sehr glücklich mit dem Self Publishing und ich freue mich ja so, nächstens schon Schnipsel, Cover und Hintergrundwissen mit euch zu teilen! <3

 

(Übrigens auch etwas, das ich mit einem Verlag im Hintergrund wohl nicht so einfach könnte. ;- )

Kommentar schreiben

Kommentare: 0