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Monsterchen scheucht mich ins Bett

Der Berg vor mir

Der blaue Wuschelball sitzt auf meiner Schulter. Heute ist er gütig und wischt sogar die Kekskrümel zur Seite, die er auf meinem T-Shirt verteilt hat. Gemeinsam starren wir auf die Buchstaben, die vor unseren Augen verschwimmen.

Ich bin müde, doch Monsterlina drängt. "Komm, das packst du", fiept sie. "Nur noch ein Kapitel." Meine Ohren klingeln.

Für einen Augenblick überlege ich mir, wie schön es wäre, die nächsten zehn Seiten auch schon korrigiert zu haben. Doch ich fürchte, dass meine Konzentration schon im Bett liegt. Aber nur noch zehn Seiten. Oder so. Es ist nicht viel, es ist ...

Monsterchen brummt. "Hör doch auf. Wir sind zu müde."

Monsterlina lacht, dreht sich um die eigene Achse und fällt dabei fast von meiner linken Schulter. Ich stütze sie, sie sieht mich kurz an. Ein Dankeschön? "Aber es sind nur noch ein paar Seiten."

Ich seufze. "Ich bin wirklich müde. Morgen muss ich wieder früh aus den Federn."

Monsterchen nickt bestätigend. Auch jetzt noch erstaunt es mich immer wieder, dass ich manchmal mit dem blauen Monster einig bin, auch wenn er mir alles ausreden will. Monsterlina dagegen ... Ich lächle stumm in mich hinein. Monsterlina motiviert, baut auf, will das Unmögliche schaffen. Sie ist die pure Freude am Schreiben und unterstützt mich, wo und wie sie nur kann. Nur manchmal schiesst sie übers Ziel hinaus.

Ich speichere meine Datei, schliesse sie und fahre den Laptop runter. "Für heute ist es genug."

Monsterchen nickt wieder. Er ist heute merkwürdig ruhig.

Monsterlina schreit auf. "Das kannst du nicht machen!" Sie krallt sich an meinen Haaren fest, um sich ganz nahe zu meinem Ohr zu ziehen und hineinzuschreien. Glücklicherweise strauchelt sie mit ihren kurzen Beinen und baumelt jetzt an meinen Haaren. Ich setze sie wieder auf die Schulter - weit von meinem Ohr entfernt. "In zwei Wochen muss der Schattenwanderer fertig sein, in fünf der Feenprinz und dann hast du auch noch mit den Hochzeiten zu tun." In ihr steigt Panik auf, ich spüre es genau.

Das beklemmende Gefühl überträgt sich auf mich. Habe ich mir da nicht zu viel vorgenommen? Vielleicht sollte ich den Feenprinz zurückstellen, aber dann müsste ich bis 2019 warten ... Ich seufze, die Hand liegt auf dem Laptop. Ich könnte wirklich noch ein Kapitel machen.

 

Genug ist genug

"Lass dich von ihrem Enthusiasmus anstecken", flüstert mir Monsterchen ins Ohr. "Es tut dir gut, so begeistert an deinen Geschichten zu sitzen. Und der Schattenwanderer ist ..." Er macht eine kurze Pause. "Er ist gut."

Ein Kompliment, von Monsterchen. Meine Augen werden ganz gross.

Doch das kleine oft-so-schlecht-gelaunt-Motivationsmonster ist noch nicht fertig mit Reden schwingen. "Ich weiss, du brennst darauf, ihn fertig zu haben. Doch ein schlecht korrigiertes Kapitel hilft weder dir noch dem Buch. Sieh zu, dass du zu ausreichend Schlaf kommst, und mach morgen weiter. Es wird reichen, keine Sorge."

Jetzt scheint Monsterlina von unserem Gespräch Wind zu bekommen, denn sie lehnt sich nach vorn, um Monsterchen zu beobachten. "Sei nicht wieder so miesepetrig. Es wird klappen!"

"Sage ich doch", grummelt Monsterchen und verschränkt die Arme vor der Brust.

Ich schmunzle. Die beiden sind einfach Gold wert. "Ja, ich werde mein Bestes geben, um es zu schaffen. Aber heute nicht mehr, ich bin zu müde. Das ist nicht das Beste, das ich liefern kann. Genug ist genug."

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