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Writing Excuses Masterclass 10.6

Der Podcast der Folge 10.6 der Writing Excuses war mit einem Gast, der die Aufgabe gestellt hat: Denke an das letzte Mal, als du ein Spiel verloren hast. Was war der Denkprozess, der zu deiner Niederlage geführt hat? Nun reproduziere den Moment in einer dramatischen Storystruktur, ohne dass es in der Geschichte um ein Spiel geht.

 

Das wird langweilig ...

 Erikr presste die Lippen zusammen, als er seinen Blick über das rostige Messer und den Schild schweifen liess, die auf dem Tisch vor ihm lagen. Der Schild, nicht mehr als ein Brett mit einem ledernen Griff. Wenn er Glück hatte, konnte er damit seinen Arm decken, doch nicht mehr. Dafür war er zu dünn. Selbst das Messer würde ihn besser schützen.

Er griff nach der Waffe und wog sie in der Hand. Nicht nur, dass sie alt und verbogen war, sie war nie gut gewesen. Eher ein Ding, mit dem eine arme Bäuerin Schnittlauch kleinzuhacken versuchte. Dennoch, ein Schnitt am Hals musste möglich sein.

Er hob den Kopf und musterte den gepflasterten Platz vor sich. Drei Gegner, die er bezwingen musste. Drei Krieger, die in seiner schmächtigen Gestalt keine Bedrohung sahen. Das war seine beste Waffe. Das würde die drei das Leben kosten.

Seine Gedanken wanderten zu seiner Schwester. Einer der Kämpfer war ihr Mann. Ihr Gemahl. Wenn er selbst leben wollte, dann musste er seine Schwester enttäuschen. Dabei hatte er ihr doch geschworen, dass ...

"Bereit?", knurrte ein Wachmann, der vermutlich doppelt so schwer war wie er. Im Gegensatz zu den Kriegern trug er ein über den Kopf reichendes Kettenhemd. Viel schwerer zu durchdringen. Doch dann wäre ein Kampf nur sinnloses Gemetzel.

Erikr nickte und nahm den Schild an sich. Besser als nichts.

Als er aus dem Schatten trat, buhte die Menge, die sich rund um den Platz aufgestellt hatten. Auf Balkonen und an Fenstern, zwischen den Gassen und auf Podesten warteten sie darauf, dass der Kampf begann. Der Dieb gegen die Krieger, das Unrecht gegen die Hüter der Wahrheit.

Dass er nicht lachte! Hüter der Wahrheit. Am liebsten hätte er diesen Heuchlern allen ins Gesicht gespuckt.

Der König trat einen Schritt vor, Fanfaren erklangen, um ihm Gehör zu verschaffen. Erikr hörte ihm nicht zu, sondern musterte seine Gegner. Sie waren kampferprobt, das bestimmt, doch in der Schlacht handelten auch die Gegner ehrenvoll. Ehre war für einen Ritter der Mittelpunkt der Welt. Doch er spielte mit unfairen Mitteln. Auch wenn es ihm niemand zutraute, würde er gewinnen. Falls er wollte.

Ein Krieger stiess einen Kampfschrei aus und sprintete los. Mit seinen schweren Metallplatten wirkte er eher wie ein für die Schlacht gerüstetes Pferd. Erikr wich dem Angriff aus. Der Mann war zu langsam, um seinen Bewegungen zu folgen, und noch während er sich zum kleinen Dieb umdrehte, rammte ihm dieser das Messer in den Hals. Augenblicklich ging er nieder.

Nun war seine Waffe wenigstens richtig rot.

Erikr wandte sich den beiden verbliebenen Gegnern zu. Nun eilten beide gleichzeitig auf ihn zu. Den Gemahl seiner Schwester erkannte er an dessen dunkler Haut, die nicht so häufig war. Sie hatte ihn gebeten, ihn zu verschonen. Unter Tränen hatte sie versucht, einen Weg aus dieser Sackgasse zu finden. Entweder starb ihr Bruder oder ihr Mann.

Erikr liess das Messer aus der Hand gleiten und wartete. Spürte, wie der harte, saubere Stahl durch seinen Bauch drang. Wie die Stärke aus seinen Glieder wich. Wie er in die Knie sackte. Wie Kälte von seinem Unterleib in den Körper sickerte wie das Blut ihn verliess.

Er starb. Sein Schwager nahm den Helm ab, gefangen zwischen dem Unglauben, dass er den weit herum bekannten Dieb Erikr Krex zur Strecke gebracht hatte, und dem Wissen, dass seine Frau leiden würde.

Erikr schloss die Augen. Lieber er als ihr Mann. Sie brauchte ihn mehr als Erikr.

Es war gut so.

So kommt das also, wenn man mit den Kindern spielt und versucht, die Gewinne gleichmässig aufzuteilen. Man verliert, damit andere sich besser fühlen. ;-) Aber es war auf jeden Fall eine interessante Übung und macht Lust, die Geschichte niederzuschreiben (obwohl diese Szene sicher nicht darin vorkommen wird). ;-)

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