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Writing Excuses Masterclass 10.15

So, da bin ich wieder, mit etwas Verspätung, dafür mit einem neuen Schreibplan im Gepäck. ;-) Dieser gab mir die Motivation, dort anzupacken, wo ich nicht weiterkam und es mir zu anstrengend war, etwas an der Situation zu ändern. Aber wenn man selbst nichts ändert, macht das niemand für einen, also habe ich eben selbst den Mut zusammengenommen. ;-)

 

Aber nun zurück zu der Writing Excuses Masterclass. In der Folge 10.15 ging es um das Überleben im Freien - jetzt nicht mit Tipps, was alles in den Rucksack muss, aber mit dem Vorschlag, selbst einmal unter freiem Himmel zu nächtigen. Oder sich das wenigstens vorzustellen.

 

Gemacht habe ich das nicht, keine Sorge. ;-) Dafür habe ich mich der Wochenaufgabe gewidmet: Nimm etwas, das du schon geschrieben hast, und tausche die beiden Persönlichkeiten. Nun schreibe eine Szene aus der Story neu.

 

Aus alt mach neu

Als Grundlage habe ich eine Szene aus einem Manuskript genommen, das ich noch nicht veröffentlicht habe. Das ist die ursprüngliche (noch nicht überarbeitete) Fassung:

Vor der steinernen Mauer verlangsamte der Herr seinen Schritt soweit, dass ich zu ihm aufschliessen konnte. Auch wenn sich das weite Land seines Vaters noch matschig braun vor uns ausbreitete und nur hier und dort einzelne Frühlingsblumen bunte Flecken malten, holte er tief Luft. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Ich liebe den Frühling und die Zukunft, die vor ihm liegt."

Ich schluckte. "Gewiss, mein Herr." Eiligst senkte ich den Blick auf den Korb zwischen meinen Händen, damit Halvor nicht bemerkte, wie ich ihn eben angestarrt hatte. Ein Herr, der befreit, geradezu losgelöst lächelte – ein Ding der Unmöglichkeit für mich.

Er lachte laut auf, drehte sich und lief rückwärts vor mir auf dem leicht abschüssigen Weg. Hier wirkte er ganz anders als im Hause seines Vaters. Die Schultern waren entspannt, die Mundwinkel zeigten nach oben.

In die Augen durfte ich ihm nicht blicken, aber ich war überzeugt, dass sie leuchteten.

"Sieh mich an, Tjarda."

Überrascht, wenn nicht gar überfordert hielt ich inne und meine Füsse blieben an Ort und Stelle. Einen Herrn ansehen? Ich war versucht, den Kopf zu schütteln, doch im letzten Augenblick realisierte ich, dass das der Verweigerung eines Befehls gleichkam, also blieb ich einfach stocksteif stehen, den Blick starr auf einen Stein vor seinen Füssen gerichtet.

"Ich beisse nicht."

Ich schluckte.

Er seufzte. "Meine Güte, wie gut haben sie doch erzogen? Bist du nicht neugierig, was im Herzen deiner Herren vor sich geht?"

Die Frage überrumpelte mich ein wenig. Durch meine Fähigkeit, in die Träume anderer zu sehen und sie dabei ein Stück weit zu verfolgen, wusste ich über die Herzen meiner Herren erstaunlich gut Bescheid. Dass er sich nun danach erkundigte, stellte mich vor eine Frage, die ich mir selbst nie gestellt hatte.

"Es steht mir nicht zu, neugierig zu sein", murmelte ich und hoffte, dass er nicht weiter nachfragen würde.

Halvor lachte laut auf und stemmte die Hände in die Hüften. "Dafür würdest du einen Befehl verweigern?"

Ich stockte und sah erschrocken auf. Er zwinkerte mir zu, als ich seinem Blick begegnete, und drehte sich munter zum Dorf um. Noch ein Stück von uns entfernt lag es ruhig da. Noch schien nicht allzu viel los zu sein, doch ich wusste, dass heute Markttag war und der Rummel noch zunehmen würde.

Und nun versuche ich das mit den verdrehten Persönlichkeiten: ;-)

Vor der steinernen Mauer verlangsamte der Herr seinen Schritt soweit, dass ich zu ihm aufschliessen konnte. Auch wenn sich das weite Land seines Vaters noch matschig braun vor uns ausbreitete und nur hier und dort einzelne Frühlingsblumen bunte Flecken malten, holte er tief Luft. Er senkte den Blick.

Ich musterte ihn unverhohlen. Die schwarzen Locken tanzten über seinen Augen, als wollten sie ihm helfen, sich vor der Welt zu verstecken. "Was ist los, mein Herr?" Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Schmunzeln.

Nur flüchtig streifte mich sein Blick. "Im Frühling liegt so viel Zukunft."

Ich zog die Stirn kraus. War er nun unter die Philosophen gegangen? "In ihm liegt auch viel Dreck." Ich betrachtete die matschbraunen Felder, die matschbraunen Wege und die matschbraunen Wälder. Viel Zukunft konnte ich darin nicht erkennen.

Halvor schien noch weiter in sich zusammenzusinken. "Mit dem Frühling beginnt das Jahr, und Leben erwacht. An allen Ecken und Enden. Selbst den Menschen gelingt dann ein Lächeln leichter als in den dunklen Tagen des Winters."

Ich nickte, um das Gespräch nicht weiter zu vertiefen. Als Magd sollte ich mich eher um einen zügigen Einkauf im Dorf bemühen, und nicht darum, die Gedanken meines Herrn zu lenken, wie faszinierend sie auch waren.

Wieder huschte mein Blick zu ihm. Sein Verhalten wollte so gar nicht zu seinem imposanten Äusseren passen. Er versteckte sich, als würde er sich für die Ausstrahlung schämen, die er bestimmt hätte, wäre er nur ein Stück selbstsicherer.

"Seht mich an", hörte ich mich sagen.

Überrascht, wenn nicht gar überfordert verharrten seine Füsse blieben an Ort und Stelle. Er presste die Lippen aufeinander und zwang sich, meinem Blick nicht begegnen zu müssen. Ich lachte auf, befreit, überrascht - ich wusste es nicht. Ich wusste einzig, dass mein Herr nicht der Herr war, den er sein sollte, selbst als vierter Sohn. Er war noch immer ein Erbe seines Vaters, und um diesem gerecht zu werden, musste er früher oder später über sich hinauswachsen.

"Ich beisse nicht", versicherte ich.

Er schluckte.

Ich seufzte. "Euch ist bewusst, dass ich die Magd bin, die vor Euch die Augen niederschlagen müsste. Doch wenn uns die Leute sehen, werden sie denken, dass ich die Herrin bin. Also streckt Eure Schultern, richtet den Blick und begegnet der Welt offen. Sie erwacht, habt Ihr gesagt. Nun begrüsst ihr Erwachen auch angemessen." Eine Rede wie diese hätte bei seinem Vater bestimmt für eine saftige Bestrafung gesorgt. Welche Magd erlaubte es sich, ihrem Herrn Anweisungen zu geben? Doch in diesem Fall glaubte ich, dass es notwendig war.

Endlich hob der junge Herr den Kopf und sah mich an. Seine blauen Augen schienen zu funkeln, ohne etwas dafür tun zu müssen. Sein Mund stand leicht offen. Daran musste er noch arbeiten. Aber ansonsten gefiel er mir ganz gut so.

Lächelnd nickte ich, drehte mich zum Dorf und ging genau die zwei Schritte hinter ihm, wie es sich für eine Bedienstete gehörte. Nur den Blick hielt ich nicht demütig gesenkt. Es würde sehr viel mehr brauchen, um mir das auszutreiben.

Ich bin überrascht, wie sehr ich die vorlaute Magd mag, doch ich fürchte, dass die Geschichte ganz eine andere wäre, wenn ich sie so schreiben würde. ;-) Und dann müsste ich meine gesamte Planung überarbeiten ... ;-) Und Geschichten mit selbstsicheren, teilweise etwas vorlauten Charakteren gibt es ja auch immer wieder. <3

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